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Migration in Mittelamerika

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Migration in Mittelamerika

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Immer wieder machen sich tausende Menschen aus Mittelamerika auf den Weg in den Norden. Insbesondere aus Honduras, Guatemala und El Salvador – dem sogenannten „Triángulo Norte“ – kommend, legen sie in Karawanen hunderte Kilometer zu Fuß zurück. Im Herbst 2018 erhielt die erste große „Caravana de Migrantes“ weltweit mediale Aufmerksamkeit. Seitdem kam es immer wieder zu neuen Karawanen. Doch nicht immer erreichen die Menschen ihr Ziel – die USA.

Nach Angaben des Amtes für Zoll und Grenzschutz der USA wurden allein in den ersten drei Monaten des Jahres 2022 insgesamt 542.009 Menschen verhaftet, nachdem sie die Grenze in die USA überschritten hatten –  die Höchstzahl der letzten 20 Jahre.

Migration ist kein neues Phänomen in Mittelamerika. Schon seit Jahrzehnten migrieren Menschen aus dieser Region in die USA. Schätzungen aus dem Jahr 2019 gehen davon aus, dass ca. die Hälfte der 3,5 Millionen in den USA lebenden mittelamerikanischen Migrant*innen schon vor dem Jahr 2000 dort lebten. Seit 2018 haben Migrationskarawanen allerdings hinsichtlich ihrer Größe und Häufigkeit zugenommen.

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Ursachen der Migration: Auf der Flucht vor vielen Krisen

Auf der Flucht vor vielen Krisen

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In den 1980er Jahren haben vor allem die Bürgerkriege in El Salvador, Guatemala und Nicaragua viele Mittelamerikaner*innen dazu veranlasst, in die Vereinigten Staaten auszuwandern. Obwohl diese in den 90er Jahren (formell) durch Friedensverträge (Nicaragua: 1990, El Salvador: 1992, Guatemala: 1996) beendet wurden, blieb die politische und wirtschaftliche Situation in den Ländern angespannt. Zudem entstand eine Kultur der Straflosigkeit, was zur Folge hatte, dass viele Verbrechen der Bürgerkriege ungesühnt blieben und bis heute Gewalt vorherrscht. Die Migration konnte somit durch die Friedensabkommen nicht gestoppt werden. 

Aktuell befindet sich Mittelamerika in einer multiplen Krise:
Die meisten Menschen migrieren aufgrund prekärer Lebensbedingungen, ökonomischer Armut und Perspektivlosigkeit. Hinzu kommen hohe Gewalt- und Mordraten, unter anderem aufgrund von organisierter Kriminalität und Bandenkriminalität.
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Plakat: Wir migrieren, um unseren Kindern eine bessere Zukunft ohne Gewalt zu ermöglichen. 

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In verschiedenen Ländern Zentralamerikas zeichnen sich immer stärker antidemokratische und autoritäre Regierungsstile ab: die Gewaltenteilung wird beseitigt, zivilgesellschaftlichen Organisationen wird die Rechtspersönlichkeit entzogen, unabhängige Medien werden ausgeschaltet. Damit einher geht auch die politische Repression und Verfolgung von Einzelpersonen, die als Migrationsgrund in Zentralamerika an Bedeutung gewinnt. So haben beispielsweise im vergangenen Jahr mindestens 50 Personen allein El Salvador verlassen, weil sie sich von der Regierung Nayib Bukeles bedroht fühlten. Zu den Verfolgten gehörten u.a. Vertreter*innen zivilgesellschaftlicher Organisationen, die - in der gesamten Region - immer wieder Opfer von Kriminalisierung und Gewalt werden. Die Gewalt, die Menschen zur Migration bewegt, geht also auch direkt vom Staat aus. Mit dem Ziel, kritische Stimmen verstummen zu lassen.
Ein weiteres Problem ist die grassierende Korruption in den Ländern Mittelamerikas, die vielen Menschen den Zugang zu Bildung oder Gesundheit erschwert. 
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Die multiple Krise hat sich in jüngerer Vergangenheit durch die Auswirkungen der Corona- und der Klimakrise verschärft. Dürren und Wetterextreme, wie immer häufiger auftretende Tropenstürme, führen zu Ernteausfällen und der Zerstörung der Lebensgrundlage vieler Menschen. Als Reaktion darauf migrieren die betroffenen Menschen – sowohl innerhalb ihrer Länder als auch ins Ausland –, um ihre Existenz zu sichern.

Laut Internal Displacement Monitoring Center wurden zwischen 2008 und 2020 in Guatemala, El Salvador und Honduras mehr als 1,2 Millionen Binnenmigrant*innen aufgrund von Naturkatastrophen registriert, von denen 92 Prozent auf klimabedingte Naturkatastrophen (bspw. Tropenstürme, Überschwemmungen, extreme Temperaturen) zurückzuführen sind. Allein für das Jahr 2020, in dem die Tropenstürme Eta und Iota die Region heimsuchten, schätzt die Organisation die Zahl der Migrant*innen auf über 600.000.

Auch für die internationale Migration haben Naturkatastrophen eine zunehmende Bedeutung. So hat die Pastoral de Movilidad Humana, eine Partnerorganisation der CIR, durch Interviews mit Migrant*innen zwischen 2016 und 2021 festgestellt, dass in den Jahren 2020 und 2021 über acht Prozent der Migrant*innen aufgrund von Naturkatastrophen migrierten, während der Anteil in den Jahren zuvor stets unter einem Prozent lag.
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Risiken der Migration

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Internationale Migration stellt für viele Menschen aus Mittelamerika eine von wenigen Optionen dar, um ihre Familien zu versorgen. Das Geld, das sie beispielsweise in den USA verdienen, ist dabei nicht nur für wenige einzelne Familien ein wichtiger ökonomischer Faktor. So überwiesen zentralamerikanische Migrant*innen 2021 mehr als 32 Milliarden Dollar aus den Vereinigten Staaten in ihre Heimatländer. In einigen Ländern machen diese Überweisungen bis zu 26 Prozent des Bruttoinlandprdukts aus.

Der Weg in eine (vermeintlich) neue Heimat bietet also eine große Chance für viele Menschen, beispielsweise die Kosten für Bildung oder medizinische Versorgung ihrer Familien in der Heimat zu tragen. Gleichzeitig birgt sie für die Migrant*innen, die vor Armut und Gewalt aus ihren Heimatländern fliehen, viele Risiken.
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Dass Migrant*innen auf ihrem Weg ihr Leben verlieren, ist keine Seltenheit:

Im Juni 2021 wurden die Leichen von 43 Migrant*innen in der Sonoran-Wüste, an der Grenze zwischen Arizona und Mexiko, gefunden. Laut der Organisation Humane Borders haben bis November 2021 mindestens 3.790 Migrant*innen ihr Leben bei dem Versuch verloren, die Wüste zu durchqueren.

Im Dezember 2021 kamen bei einem schweren Verkehrsunfall in Chiapas (Mexiko) 55 Migrant*innen ums Leben und über 100 wurden teils schwer verletzt. Sie befanden sich auf einem völlig überladenen Sattelschlepper, der sich überschlug und gegen eine Brücke prallte. Die Menschen stammten vorrangig aus Guatemala, aber auch aus Honduras, Nicaragua und El Salvador.

Ein besonders entsetzliches Beispiel für die Gewalt an Migrant*innen lieferte der Fund von 19 Leichen im Januar 2021 in einem ausgebrannten Geländewagen im Nordosten Mexikos. Es handelte sich vor allem um Menschen aus Guatemala, die auf dem Weg in die USA waren und ermordet wurden. Kurz darauf wurden zwölf Polizist*innen unter Mordverdacht festgenommen. Dies ist auch einer der Gründe dafür, dass Migrant*innen sich in Form von Karawanen zusammenschließen: Von der großen Gruppe erhoffen sie sich Schutz vor ebensolchen Übergriffen, die oftmals auch von offiziellen Stellen und Behörden wie Militär und Polizei ausgehen.

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"Wir verließen mein Land, indem wir die Grenze zu Guatemala namens Las Chinamas überquerten. […] Einmal wurden wir in kleine Autos gesteckt, in denen sie sonst Vieh transportieren, um der Polizei auszuweichen. Ich hatte einen Unfall auf der Straße, aber immerhin musste ich nicht länger befürchten, in meinem Land zu sterben, und ich ging weiter. Wir erreichten Mexiko. Sie übergaben uns anderen Koyoten (Anm. d. Red.: Schlepperbanden), die uns schlugen und misshandelten. Das Leid ist sehr groß, größer als man sich es vorstellt. Es gibt Tote auf dem Weg, vergewaltigte Frauen […]."
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Die Migrationspolitik in der Region (als Audiokommentar)

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Die Arbeit der Zivilgesellschaft in Mittelamerika

Die Arbeit der Zivilgesellschaft in Mittelamerika

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Um die Situation vor Ort zu verbessern, arbeitet die Romero Initiative mit einem Konsortium aus mittelamerikanischen Organisationen zum Thema Migration zusammen. Auf der einen Seite sollen durch die Arbeit Migrant*innen auf ihren Migrationsrouten unterstützt und ihre Rechte geschützt werden. Auf der anderen Seite arbeiten die Organisationen mit Risikogruppen zusammen, um Migrationsursachen zu bekämpfen und das Recht, nicht migrieren zu müssen, zu wahren.

So kooperiert beispielsweise die salvadorianische Organisation Tutela Legal mit Schulen in San Salvador zur Problematik unbegleiteter minderjähriger Migrant*innen. Viele Schüler*innen haben die Sorge, dass sie von ihren Eltern nach Beendigung der Schule zur Migration gedrängt werden, teilweise ohne die Risiken einschätzen zu können. Ein Ziel von Tutela Legal ist es deswegen, über die Risiken der Migration aufzuklären. Ein weiterer zentraler Arbeitsbereich der Organisation ist es, die Kultur der Straflosigkeit im Land zu durchbrechen.

Die honduranische Organisation ERIC unterstützt Gemeinden, deren Menschenrechte durch extraktive Unternehmen verletzt und die von staatlichen Behörden nicht angemessen geschützt werden. Die Menschen aus den Gemeinden werden aufgrund der Konflikte und Gewalt aus ihren Gemeinden vertrieben oder verlassen diese, um sich und ihre Familien zu schützen. ERIC unterstützt beispielsweise Menschenrechtsverteidiger*innen aus der Gemeinde Guapinol beim Widerstand gegen ein Bergbauunternehmen, dessen Tätigkeiten das Leben in der Gemeinde massiv beeinträchtigt.

Die guatemaltekische Organisation Pastoral de Movilidad Humana wiederum unterstützt Migrant*innen entlang der Migrationsrouten.
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Impressum

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Konzept und Texte: Thorsten Moll unter Mitarbeit von Miriam Instenberg und Larissa Jäger
Gestaltung der Seite: Franziska Menge
Video: Pastoral de Movilidad Humana
Fotos: Adobe Stock, Carolina Vásquez (privat), ERIC, Pastoral de Movilidad Humana, UNES, Wotancito 1, Wotancito 2   
Musik: Audiohub/Nikolas Weber/Against the clock
Videobearbeitung und -schnitt: David Nacke
Deutsche Synchronstimmen: Dominik Groß, Celia Meienburg, Thorsten Moll, Christian Wimberger
Übersetzung: Romero Initiative
V.i.S.d.P. Thorsten Moll / Christliche Initiative Romero e.V.
Wir danken den Interviewpartner*innen Carolina Vasquez und Maria Rodriguez.


Quellen


https://www.boell.de/de/2018/10/31/was-sagt-uns-die-karawane-honduranischer-migrantinnen-und-migrant...

https://www.migrationpolicy.org/article/inmigrantes-centroamericanos-en-los-estados-unidos-2017

https://rosanjose.iom.int/es/movimientos-migratorios-masivos-en-el-norte-de-centroamerica

https://www.bpb.de/themen/kriege-konflikte/dossier-kriege-konflikte/331270/mittelamerika-regionale-ansaetze-der-konfliktbearbeitung-und-loesung/

https://otrasmiradas.info/los-nuevos-caminos-de-la-migracion-centroamericana/

https://www.theguardian.com/us-news/2021/jul/12/us-immigration-bodies-heat-arizona

https://humaneborders.org/

https://www.humanrightsfirst.org/resource/i-m-prisoner-here-biden-administration-policies-lock-asylum-seekers 

La Prensa Gráfica, 22.04.22. Primeros tres meses del 2022 con más migrantes detenidos en 20 años
















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